Gnadenhof by Jürgen Seibold

Gnadenhof by Jürgen Seibold

Autor:Jürgen Seibold [Seibold, Jürgen]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 9783492963091
Herausgeber: Piper
veröffentlicht: 2013-12-03T23:00:00+00:00


Dienstag, 3. Juni

Die Soko-Besprechung verlief nach dem üblichen Muster. Die Ermittlungen stockten, und anders als am Samstag oder Sonntag gab es diesmal keine wichtigen neuen Erkenntnisse.

Hansen kannte das, und er wusste, dass die Kollegen diese zäheren Phasen ihrer Arbeit vermutlich ebenso wenig mochten wie er selbst. Aber es half nichts: Es gab zwischendurch eben immer wieder Tage, an denen Fleißarbeit gefragt war und an denen man nur auf wenige neue Informationen stieß – Hansen hielt sich in solchen Zeiten gerne bei der Stange, indem er sich vorstellte, dass gerade eine dieser scheinbaren Nebensächlichkeiten später das entscheidende Puzzlestück war, das der Soko schließlich ein genaues Bild von der Tat und den Tätern ermöglichen würde.

»Und deshalb möchte ich mir in Wiesenhofen ein Zimmer im Seeblick nehmen«, sagte Hansen zu Soko-Chef Fritz Marle, mit dem er nach der Besprechung über diese vertrauten zähen Phasen gesprochen hatte. »Ich will die Atmosphäre in diesem abgelegenen Weiler auf mich wirken lassen und in Ruhe beobachten, wie sich die Bewohner verhalten und ob ich nicht durch meine ständige Anwesenheit doch an Informationen komme, die mir sonst verborgen bleiben würden.«

Auf dem Weg zur Soko-Besprechung war ihm an diesem Morgen auch durch den Kopf gegangen, dass sich Marle dagegen sperren könnte, dass er sich in Wiesenhofen aufhielt – und dass ihm der Kollege vielleicht sogar unterstellen könnte, er wolle sich ein paar lauschige Tage machen und sich von den ätzenden Trippelschritten fernhalten, mit denen sie im Moment in ihrer Arbeit vorankamen.

Aber Marle schien nichts dergleichen zu denken. Er hörte sich Hansens Begründung an, sagte zwei, drei Minuten lang gar nichts und nickte dann bedächtig.

»Gut, Herr Hansen, dann machen Sie das so. Nehmen Sie Frau Fischer mit oder Herrn Haffmeyer?«

»Am liebsten würde ich allein nach Wiesenhofen gehen – wenn wir da zu zweit oder zu dritt auftauchen, könnte das die Leute dort verschrecken. Ich würde mich zum Wirt an den Stammtisch setzen, würde dort am Dorfleben teilnehmen und mehr oder weniger nebenbei mit den Einwohnern oder etwaigen Besuchern reden. Alles ganz inoffiziell, gewissermaßen, vielleicht löst das beim einen oder anderen irgendwann die Zunge.«

Das klang nun allerdings sogar für Hansen selbst nach einer Sommerfrische im südwestlichen Allgäu, und er fügte schnell hinzu: »Außerdem will ich Ihnen nicht unnötig viele Leute aus der Ermittlungsgruppe abziehen.«

Marle grinste. »Das ist nett von Ihnen. Ihr Job klingt ja auch sehr anstrengend, das sollten wir nur so wenigen Kollegen zumuten wie unbedingt nötig, gell?«

Er lachte und klopfte Hansen auf die Schulter.

»Ich werd schauen, dass Haffmeyer und Fischer immer auf dem Laufenden sind und dass die beiden Sie regelmäßig über alles informieren, was sich hier ergibt. Und jetzt schauen Sie zu, dass Sie in dieses gottverlassene Nest kommen, bevor ich mich noch selbst für diese Recherche einteile. Wenn ich mich hier so umsehe, hätte ich schon auch Lust auf ein, zwei Tage im Seeblick.«

Lachend ging Marle hinaus, und Hansen erzählte Hanna und Haffmeyer von seinen Plänen. Hanna lachte nun ebenfalls und fragte, ob er vor seiner Abreise noch Resi Meyer Bescheid sagen würde oder ob sie das übernehmen sollte.



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